Viele meiner Klienten kommen zu mir, weil sie sich gedanklich im Kreis drehen und aus diesem Karussell nicht mehr rauskommen. Bei näherem Hinsehen stelle ich oft fest, dass es nicht an Denkfehlern oder unzureichenden Schlüssen liegt, dass Lösungen nicht greifbar werden. Die Leute haben schlicht denkbar schlechte Ausgangslagen für produktives Nachdenken. Ein Nachspüren ist meistens gar nicht möglich, weil Stress und Druck viel zu groß sind.

Unser Verstand ist höchst störungsanfällig

Unser Denken kann nicht geradlinig verlaufen, wenn wir

  • viel um die Ohren haben, mehrere Dinge gleichzeitig  beachten müssen (cognitive load)
  • unterfordert und/oder gelangweilt sind (kommt in Form von Boreout nicht selten vor)
  • starke Gefühle wie Angst, Sorge, Ärger, Wut aber auch Euphorie empfinden
  • abgelenkt sind (starke Reizumwelt)

oder wenn körperliche oder psychische Basisbedürfnisse nicht ausreichend befriedigt sind wie Schlaf, Hunger, Durst, Sexualität, Anerkennung etc. (Zusammenfassung nach Roy Baumeister & John Tierney, 2012, Die Macht der Disziplin). Daumen mal Pi gerechnet ist der Verstand im Alltag also so gut wie ständig Störungen unterworfen.

Wie Sie sich den Coach sparen können

Klienten, die entspannt aus dem Urlaub zurückkommen, haben meist den geringsten Coachingbedarf. Manches Problem scheint nach einer längeren Phase der Entspannung nicht mehr so dringlich, wirkt kleiner oder drückt schlicht weniger auf die Stimmung. Hier argumentiere ich gegen mein Geschäft, tue es aber gerne, zumal die Weihnachtsfeiertage nahen und sich für die meisten nach den Familienfeiern doch ein paar Tage der Ruhe auftun: Decken Sie sie nicht zu, diese Möglichkeit zur Stille. Gehen Sie in Quarantäne, schalten Sie runter, halten Sie sich fern.

Entspannung ist nicht immer nur angenehm, ermöglicht aber Durchbrüche bei Entscheidungen

Entspannung muss sich nicht angenehm anfühlen, zumal sie auch einen Spürraum für viel Zugedecktes, Verdrängtes ermöglicht.

Aber wie wollen Sie kluge Entscheidungen treffen, wenn Sie nicht in Ruhe nachdenken, geschweige denn nachspüren können? Das Spüren hält noch so viel mehr bereit als das Denken: Es lädt die Gedanken mit Emotionen auf, die richtungsweisend sein können. Gefühle haben Informationsgehalt. Transportieren Dringlichkeits- und Intensitätsgrade.

Nachdenken und Nachspüren, in Ruhe. Das ist der Boden für Klarheit und kluge Entscheidungen. Ob mit oder ohne Coach.