Wenn Erlebnisse in der Arbeitswelt tiefe Wunden hinterlassen

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten 30 Jahren grundlegend gewandelt. Ganz sicher ist nicht alles schlechter geworden – Flexibilität und Internet zB haben enorme Vorteile für viele gebracht.

Gleichzeitig lässt sich eine laufende Steigerung von Druck, Konkurrenz und emotionalem Stress beobachten. Diese Entwicklung blieb nicht ohne Folgen für das Verhältnis von Miterarbeiter:innen untereinander.

Als Psychotherapeutin und Coach bin ich seit vielen Jahren Zeugin von unzähligen Geschichten, in denen Menschen systematisch bekämpft, kleingemacht, gedemütigt, gezielt verunsichert, belogen und hintergangen werden – meist mit dem Ziel, sie aus ihrer Funktion zu drängen.

Sexueller Machtmissbrauch hat durch die Me-Too-Bewegung zu Recht viel öffentliches Interesse erhalten. Doch der „einfache“ Machtmissbrauch ist noch viel häufiger – so häufig, dass er wohl zur Normalität gezählt wird und kaum mediale Wellen schlägt.

In meiner Praxis soll, kann und darf Mobbing zum Thema werden: Es ist mir ein echtes Anliegen, Menschen dabei zu begleiten, nach einschlägigen beruflichen Erlebnissen wieder Boden unter die Füße zu bekommen, das Geschehene zu verarbeiten und neuen Zuversicht zu finden.

Mobbing, Bossing, psychische Gewalt – nicht neu, aber häufig

Systematische Ausgrenzung ist ein enormer Stressfaktor für uns Menschen, evolutionsgeschichtlich leicht erklärbar: In der Savanne von einst bedeutete der Ausschluss aus der Gemeinschaft den sicheren Tod.

Auch wenn Mobbing heute keine direkt lebensbedrohlichen Folgen mehr hat, werden Zugehörigkeit und Würde tief verletzt. Das verunsichert die meisten Betroffenen auf einer sehr tiefen Ebene, löst idR intensive Selbstzweifel, Angst bis Panik sowie oft eine Reihe von Folgesymptomen wie Depression, Schlafstörungen etc. aus.

Mobbing macht krank – eine normale Reaktion auf ein „nicht normales“ Ereignis.

Von anderen Menschen zugefügte Traumata („man-made trauma“) heilen langsamer. Eine Naturkatastrophe, die alle betrifft, kann anders eingeordnet und verarbeitet werden.

Und dennoch: Auch ein workplace trauma kann in den allermeisten Fällen überwunden werden!