Schwierige frühe Bindungserfahrungen erschweren das spätere Lieben 

Schwierige Erfahrungen in der Kindheit, Vernachlässigung, Gewalterfahrungen oder einfach das Gefühl, nicht gewollt, nicht willkommen zu sein, hinterlassen Spuren, die sich auch in unsere Liebesbeziehungen eingraben.

Nicht jedes vernachlässigte Kind entwickelt eine Posttraumatische Belastungsstörung, nicht jeder geschlagene Jugendliche Angst und Depression. Aber in den Liebesbeziehungen zeigt sich sehr sehr oft, wie Menschen aufgewachsen sind. Je schwieriger es war, desto mehr muss sich der Mensch seine Liebesfähigkeit erst erarbeiten.

Schwierigkeiten im Lieben können an der Oberfläche ganz unterschiedlich aussehen:

Viele kurze Beziehungen, rasch hintereinander – oder gar keine Beziehungen. Keine, keiner scheint zu passen.Viel Sex, wahlloser Sex, oder keiner.

Das Vermeiden von Nähe, von echter Intimität in der Beziehung – wodurch sich das Ganze dann bald irgendwie leer oder langweilig anfühlt. Aktionismus, ständig „etwas tun“ zu müssen, auch zu zweit – und damit wiederum Nähe vermeiden.

Klammern, aus Angst vor dem Verlassen-werden. Selbst verlassen, damit es gar nicht erst möglich wird, verlassen zu werden.

Sich nicht einlassen wollen oder können. Abhauen, wann es ernst wird, wann der andere echtes Interesse zeigt.

Mit einem zusammenzubleiben, der einem nicht gut tut. Von einer nicht loskommen, die einen ständig runter macht.

Die eigenen Grenzen nicht wahren können, sich viel zu viel gefallen lassen. Oder nur an sich denken und das eigene Ego füttern. Auch Fremdgehen kann mit frühen Wunden zusammenhängen.

So vielgestaltig sich die Liebesprobleme darstellen, so ähnlich sind ihre Wurzeln: Unverarbeitetes Trauma – vor allem Bindungstrauma – beeinflusst die Liebesfähigkeit auf negative Weise. Die subtilen Zusammenhänge erkennen die allermeisten Menschen nicht.

Wird nicht „die Liebe“ schon alles richten? So wie in Hollywood?

 

Nein, das tut „die Liebe“ in aller Regel nicht. Denn sie allein reicht nicht. Gelingende Beziehungen erfordern eine Menge soft skills, Offenheit, die Fähigkeit, sich selbst gut zu regulieren und Bewusstheit gegenüber den eigenen Verletzungen.

Heilung ist in den meisten Fällen möglich, geschieht aber gewöhnlich nicht von allein. Unsere blinden Flecken können wir nicht sehen, sonst wären sie ja nicht blind.

Manchmal hilft eine Paartherapie weiter, in anderen Fällen ist eine Begleitung im Einzelsetting der beste Weg.