Was lieben Sie eigentlich an Ihrem zukünftigen Mann?

Diese Frage stellte ich einer Klientin, die sich ihren Hochzeitsvorbereitungen mit großer Betriebsamkeit widmete – ganz so, wie es heute üblich ist:

Die Hochzeit als standesgemäßes Event. An einer tollen Location.

Das richtige Kleid. Die richtigen Gäste. Die passende Stimmung.

Ein mehrtägiger Polter-Wellness-Urlaub am Meer mit der Mädels-Runde.

Meine Frage allerdings konnte sie nicht wirklich beantworten. Und sie heiratete den Mann, von dem sie nicht wusste, was sie an ihm liebte.

Drei Jahre später war sie geschieden.

 

Wenig später begleitete ich sie als Therapeutin wieder ein Stück auf ihrem Weg. Dabei verriet sie mir, dass sie meine Frage damals, vor der Hochzeit, „ziemlich fies“ gefunden hatte.

Was lieben Sie an Ihrem zukünftigen Mann? Sowas fragt man doch nicht, hatte sie damals gedacht, völlig perplex. Es war doch Liebe im Spiel, das muss doch wohl reichen als Begründung!

Sonst würde sie doch nicht heiraten!

Sorry, Liebe als Antwort ist zu wenig. Auch wenn es Momente geben mag, in denen man das Gefühl hat, den anderen vollkommen zu lieben, quasi als Gesamtpackage.

Paare dürfen und sollen sich immer wieder auf die Suche danach machen, was sie in der Tiefe miteinander verbindet. Worin ihre Liebe besteht.

Das Schöne, Wunderbare im Gegenüber. Das Liebevolle, Verbindende. Welten mit unendlich vielen Farben, Qualitäten und Schattierungen.

Bei jedem liebenden Paar findet sich eine andere, einzigartige Form.

Ob du nun vorhast, den Bund fürs Leben zu schließen oder die Beziehung mit deiner Partnerperson noch bewusster leben möchtest:

Es ist hilfreich, dich immer wieder zu fragen, was du schön findest an eurer Verbindung. Was daran dich nährt, dich wärmt, tröstet, erheitert, unterhält oder aufbaut.

Trotz aller Schwierigkeiten, die enge Beziehungen nun einmal auch mit sich bringen!

Es ist gut, sich diese Fragen immer wieder zu stellen.

Weil die Antwort darauf das Schöne noch einmal bewusster macht.

Und du darfst sie deiner Partnerperson verraten, mitteilen, schreiben. Zuflüstern.

Das wird eure Verbindung stärken.

Wenn Paare nicht sagen können, was sie aneinander lieben, beginne ich, sehr genau nachzufragen. Denn etwas Wichtiges fehlt.

Mit großen Lebensentscheidungen würde ich in diesem Fall jedenfalls zuwarten und weiter explorieren – bis Antworten auftauchen, das Bild klarer wird.

Bis Schattenseiten sichtbarer geworden und erste Konflikte gut durchgestanden sind.

Liebe sehend, nicht blind.